Direkt zum Hauptbereich

Zwischen Funk, Text und Bildern – Wenn Distanz keine Schutzwand ist

 Nicht jeder, der unter Einsatzstress leidet, steht im Rauch, zwischen Trümmern oder direkt am Einsatzort.

Viele erleben belastende Situationen auf Distanz über Funk, Textnachrichten, Einsatzberichte oder Kamerabilder.

Und doch sind sie mitten im Geschehen.



Drohnenpiloten, Leitstellenkräfte, Stabsmitglieder oder Führungskräfte in der Einsatzleitung verfolgen das Geschehen oft in Echtzeit. Sie hören die Stimmen über Funk, lesen die Meldungen, sehen die Bilder  und spüren dabei dieselbe Anspannung wie die Kräfte draußen.

Manchmal sogar mehr, weil sie alles mitbekommen, aber nicht selbst eingreifen können. Diese Hilflosigkeit auf Distanz ist eine besondere Form von Belastung.


Eine hektische Funkmeldung, ein kurzer Text über Verletzte, ein Bild der Lage. Oft reichen schon wenige Sekunden, um innere Bilder zu erzeugen, die man nicht mehr loswird.

Das Gehirn ergänzt, was fehlt, malt Details dazu, macht aus kurzen Worten ganze Szenen.

So entstehen emotionale Eindrücke, die sich kaum von realen unterscheiden.


Und während draußen Blaulichter erlöschen und Fahrzeuge wieder einrücken, bleibt für die, die „über Funk und Text“ dabei gewesen sind, oft kein klarer Abschluss.

Kein Gespräch im Hof, kein gemeinsames Durchatmen. Nur das nächste Signal, die nächste Meldung, die nächste Schicht.


Stressreaktionen wie innere Unruhe, Schlaflosigkeit, Gereiztheit oder Grübeln sind auch hier keine Seltenheit.

Doch viele schweigen weil sie denken: „Ich war ja gar nicht direkt dabei.“


Aber genau das ist der Irrtum: Belastung entsteht nicht nur durch das, was man sieht, sondern auch durch das, was man hört, liest und sich vorstellt.

Unsere Gedanken und Emotionen reagieren auf jede Art von Nähe zum Einsatzgeschehen, ob körperlich oder über technische Kanäle.


Darum gilt auch für diese Kolleginnen und Kollegen: Psychische Nachsorge ist kein Luxus, sondern gelebte Fürsorge.

Ein Gespräch mit einem Peer, der PSNV oder einfach mit dem Team kann helfen, das Gehörte und Gelesene einzuordnen.

Denn was unausgesprochen bleibt, arbeitet weiter im Kopf, im Schlaf, im Alltag.


Manchmal ist das, was man nur über Funk oder Text mitbekommt, schwerer zu verarbeiten als das, was man selbst gesehen hat.


Wenn hart sein, nicht mehr ausreicht – dann brauchen wir Verständnis, Gespräche und Gemeinschaft.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Nachlese zur Online-Infoveranstaltung des Arbeitskreises PSNV-E im OFV

Am 16. Januar 2025 haben wir eine spannende und gut besuchte Infoveranstaltung des Arbeitskreises PSNV-E über Microsoft Teams durchgeführt. Mit knapp 150 Teilnehmern aus Feuerwehren der gesamten Region war das Interesse am Thema psychosoziale Unterstützung für Einsatzkräfte überwältigend. Ziel war es, unsere Arbeit transparenter zu machen und den Austausch mit den Kameradinnen und Kameraden zu fördern. Eröffnung und Grußworte Den Auftakt machte die Moderation mit einer kurzen Begrüßung und einem Überblick über die Veranstaltung. Gleich danach richtete der Vorsitzende des Oldenburgischen Feuerwehrverbandes e.V. und Regierungsbrandmeister Udo Schwarz ein herzliches Grußwort an alle. Er betonte, wie wichtig es ist, die mentale Gesundheit von Einsatzkräften ernst zu nehmen und dass es kein Thema, welches nicht erst seit kurzem akut ist. Des OFV hat gemeinsam mit den befreundeten Hilfsorganisationen erkannt, dass wir helfen wollen und können. Das Thema PSNV-E sollte für jeden einzelne...

Unsere PSNV-Taschenkarte jetzt auch online verfügbar

 Einsätze können an die Substanz gehen. Was im ersten Moment vielleicht weggesteckt wird, kann später umso schwerer wiegen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als Einsatzkräfte nicht nur technisch, sondern auch psychisch absichern – und genau hier setzt unsere Taschenkarte zur Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) an. Diese kompakte Hilfe ist jetzt endlich auch online abrufbar . Warum eine Taschenkarte? Weil es manchmal schnelle Orientierung braucht. Im Einsatz bleibt keine Zeit für lange Texte oder tiefgreifende Analysen – aber ein Blick auf eine klare, verständliche Taschenkarte kann helfen, erste Schritte zu gehen oder anderen die richtigen Worte und Impulse mitzugeben. Außerdem: Psychische Gesundheit geht uns alle an. Niemand ist schwach, weil ihn ein Einsatz nicht loslässt. Schwach ist nur, wer so tut, als wäre alles in Ordnung, obwohl innen längst etwas brennt. Die Taschenkarte erinnert uns daran, dass es okay ist, über Belastung zu sprechen – und dass es Wege gibt, dami...

Einladung zur OFV-Online-Infoveranstaltung: „Wenn Einsätze im Kopf weitergehen…“

  Einladung zur OFV-Online-Infoveranstaltung: „Wenn Einsätze im Kopf weitergehen…“   Liebe Kameradinnen und Kameraden, der Arbeitskreis PSNV-E möchte Euch herzlich zu einer Online-Infoveranstaltung „Wenn Einsätze im Kopf weitergehen…“   einladen, in der wir Euch das Thema Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte (PSNV-E) und unsere Arbeit daran kurz vorstellen. Die Veranstaltung richtet sich an alle Einsatzkräfte, die sich über Unterstützungsmöglichkeiten bei belastenden Einsätzen informieren möchten. Themen der Veranstaltung: ·          Was ist PSNV-E? ·          Was sind die Ziele des Arbeitskreises PSNV im OFV ·          Welche Angebote gibt es schon? An wen kann man sich wenden? Details zur Veranstaltung: 📅 Datum: 16. Januar 2025 ⏰ Uhrzeit: 19:00 Uhr 💻 Ort: Online (der Link wird nach Anmeldung verschickt) Anmeldu...